Wenns die Karte nicht als Weihnachtsgeschenk gegeben hätte wär ich da nicht hin, schon garnicht an einem Montagabend. Laibach. Da hab ich ein sehr merkwürdiges Gefühl bei. Das ist mir zutiefst suspekt, kann ich echt nicht einordnen, was ja wiederum auch ein gutes Gefühl ist. Naja, vor zwei Jahren in der Columbiahalle war ich genauso mehr oder weniger zufällig dabei.
Im ersten Teil des Konzerts hamse eine Reihe Nationalhymnen, -flaggen, -symbole, -klischees und typische Handbewegungen gezeigt und verarbeitet (verarbeitet zu was eigentlich?). Also Deutschland, USA, Italien, Israel, Spanien, Türkei und andere Ländereien, eins nach dem anderen. China war auch dabei. Dabei isses so, dass da vieles vertauscht und verkehrt wird, Nationalhymnen kriegen andere Melodien oder freche Texte. Kritik wird da deutlich. Die Liedtexte wirken durch den laibachschen Akzent natürlich auch bischen lustig. Die einzelnen Flaggen werden auf den Videoleinwänden hinten an der Wand aufgelöst zu bunten Tapetenmustern. Musikalisch ist das alles sehr "getragen" und hymnenhaft flächich. Obwohl, das stimmt nicht, es sind immer wieder dissonante Töne drin, aber man merkts kaum. Es ist alles so... eigenartig!
Nach einer längeren Pause kam dann der klassische Laibachteil wie die Fans es lieben: stampf-stampf in Marschiergeschwindigkeit. Die zwei Miezies mitten blonden Zöpfen kamen mit auf die Bühne und haben links und rechts von dem Vogel mit der latschigen Badekappe so stramm getrommelt wie die BDM-Duracell-Häschen. Wenn man sich das Personal mal genauer ansieht geht die Nummer mit dem militärischen ersten Eindruck gottseidank ja garnicht auf. Was die manchmal untereinander auch für Blicke tauschen. Naja die den Fans altbekannten Musikstücke dann, "Alle gegen Alle", "Leben heisst Leben" und wiese alle heissen und im Hintergrundvideo marschieren Skelette und geputzte Stiefel und es erscheinen Fantasie-Symbole einer neuen Fantasie-Weltordnung, die von den Fans sehr begrüsst werden.
In einem Videoschnipsel fliegt ein Adler majestätisch in der Luft. Und landet dann und guckt aus seinem Horst heraus auf die Welt mit all ihren sauberen (slowenischen?) Bergen und Tälern: kraah-kraaah.
Nach dem befremdlichen ersten Teil wird dem Zuschauer und Fan im zweiten Teil sozusagen sowas wie ein Zuhause-Gefühl gegeben, man kennt und mag (ähemm) die Lieder und vertraut den Melodien und Symbolen. Genau das ist vielleicht der Hook: Kaisersneuekleider, wie soll man dem Mist trauen nachdem diese ganze Idee im ersten Teil so demontiert wurde. Aber das kanns ja nicht gewesen sein. Richtig ganz weiss ich nicht was das alles soll, Prinzip Borat oder Intelligente Neue Rechte, man überlegt sich verschiedene Sachen während des Konzerts und danach. Das ist gut. Bei mir persönlich reicht die Kapazität leider nicht für ein Ergebnis. Neulich war im Tagesspiegel ein Artikel, falls sich jemand damit mal beschäftigen will.
Irgendwann ging mir wenigstens ein Licht auf wie ich zu der "Ehre" kam: es war ja ausverkauft und Frau S hatte vor längerem eine Karte für ihren Freund mitbesorgt. Der war nun leider verhindert und die Karte war über. Und so kam ich zu Laibach, mal wieder.