Ein Flugzeug ist vor ein paar Tagen während starken Schneefalls von seiner Startbahn gerutscht und durch eine Mauer auf eine Kreuzung geschliddert. Es ist nur ein paar Meilen entfernt vom Haus von Frau J's Eltern, wo wir gestern abend waren und fast wollten wir hinfahren und es uns angucken- wegen Untersuchungen des Vorfalls stand das Flugzeug noch ein paar Tage auf der Strasse rum. Wir sind aber doch nicht hin.
Überhaupt stecken viele Autos gern im Schnee fest, denn niemand kann oder will sich Winterreifen leisten. Irnzwie stecken auch auffällig viele SUVs im Schnee fest: da stimmt doch was nicht, doo!
So, da nehm ich mal an, dass mein Flugzeug morgen einen besseren Start hat. Es geht nach Hause. Nach Hause... Die drei Monate sind wie im Flug verflogen. Ich hätts ja nie gedacht, dass ich mal in dieses Land komme um das Gute darin zu suchen, mit dem Ziel, herauszufinden, ob ich für imma bleiben will. Ich war doch nie den USA sehr positiv zugewandt oder in irgendeiner Form sehr amerikophil, amerikaphil oder was auch immer. Und viele Sachen sind auch wirklich scheisse, man kanns nicht beschönigen. Allen, denen ich meine Pläne erzählt hab fassen sich an den Kopf und sagen, sie würden was dafür geben in Europa zu leben. Ja dankeschön, denk ich dann, streut noch Salz in die Wunde.
Ich mein ich bliebe immer Immigrant mit Akzent, der das Neue mit seiner alten Welt vergleicht, das würde auch nicht weggehen, mit vielen Sachen könnt ich mich nie identifizieren. Zum Beispiel diese irnzwie bizarreren Aspekte des amerikanischen Alltachs in all ihrer abstrusen Mannigfaltigkeit. Andererseits: am Freitag zum Beispiel bei einer Party waren von sieben Leuten um mich herum zwei in Israel aufgewachsen bis in Teenageralter, einer in Polen geboren, eine mit Vater aus Guatemala, einer mit Mutter aus Mexiko... und noch jemand äh mit äh da war ich vielleicht doch etwas sehr betrunken, habs vergessen oder es waren doch nur fünf... auf jeden Fall sind alle froh und munter und es klappt doch wunderbar.
Mein Vater allerdings hat 1949 in Genua paar Tage auf seinem Koffer gesessen um aufs Schiff zu kommen und ist ausgewandert, war fünf Jahre in den USA. Er hatte einen guten Start, direkt einen US-Pass und sofort coolen Job, aber er war unglücklich und als es hiess "Hier Alter auf gehts in den Koreakrieg" war er schnell wieder übern Ozean zurück in Italien und sehr froh darüber. Er sagt, er hat keine wirklichen Freunde gefunden, alles war ihm ungewohnt oberflächlich. Aber der Unterschied ist auch, er ist schlau und ich bin ein Dödel, vielleicht reicht mir das bischen Oberflächrigere ja aus.
Naja, irgendwann muss man mal über seinen Schatten springen für die grosse Liebe und was dafür tun, dass daraus mal was wird und nicht an den Hindernissen aufgeben. So wie das Flugzeug vielleicht, zack durch die Mauer auf die Strasse.
Frau J muss noch eine Weile hier bleiben und ihre Uni- Schulden abarbeiten. Ausserdem ist sie jünger als ich und will (noch) näher bei ihrer Familie sein, die zugegebenermassen auch wirklich cool ist - aber was soll ich denn sagen: meine Leute sind 7000 Kilometer weit weg oder wie weit auch immer es ist, ich werd meine Familie oder Freunde einmal im Jahr sehen... wenns hochkommt... und ichs mir leisten kann. Das ist nicht so einfach und ich tu mich schwer mit der Entscheidung hierherzuziehen.
Mit Arbeit siehts natürlich viel besser aus, das würd sofort losgehen sobald ich eine Arbeitserlaubnis hätte. Und vielleicht mach ich doch noch einen Abschluss am Community College. Vielleicht können wir ja eines Tages nach New York wechseln, da isses schön europäisch, ich meine, es ist älter und schöner und es gibt mehr... ja, Geschichte irgendwie. Und es ist nicht so windig.
Wieso kann Frau J denn nicht europäisch sein, sagmermal italienisch, dann wär alles so einfach, zack legale Arbeit direkt möglich, bischen Familie und paar Bekannte drumherum von Anfang an und alles wär sehr, sehr viel einfacher und wunderbar. Aber es ist wie es ist sagt die Liebe.
mensch monsinore ninjah..